Wie können Unternehmen, die nichts produzieren, keine Güter besitzen und kaum Servicepersonal einsetzen, fast zu Monopolisten in einer Branche werden? Seit AirBnB und Google ist klar: Digitale Plattformen sind das Geschäftsmodell des 21. Jahrhunderts.
Aber was ist eine digitale Plattform? Eine Plattform im wirtschaftlichen Sinn stellt eine Verbindung zwischen Produzenten und Dienstleistern auf der einen Seite und Kunden auf der anderen Seite her. Beispielsweise stellt AirBnB eine Verbindung zwischen Vermietern und Mietern bzw. Urlaubern her. Die Google Suchmaschine stellt eine Verbindung zwischen Werbeanbietern und Suchmaschinen-Nutzern her.
Da das Konzept etwas abstrakt ist, hilft ein Vergleich mit den “Rezepten” anderer Geschäftsmodelle:
- “Eins-zu-eins”. Ein Gerätehersteller produziert ein Gerät, dann verkauft er es an einen Kunden. Ebenso vermittelt ein Dienstleister eine Leistung, oft in Form einer Person, an einen Kunden.
- “Eins-zu-viele”. Ein Softwarehersteller produziert eine Software und verkauft sie an viele Kunden. Die Kosten für die Software fallen nur einmal an (von Wartung und neuen Features abgesehen). Danach kann die Software nahezu ohne zusätzliche Kosten ausgeliefert werden.
- “Viele-zu-vielen”. Auf einer Plattform verkaufen viele Parteien und kaufen viele. Der Plattformhersteller verteilt lediglich Informationen. Dafür erhält einen Beteiligung für die Vermittlung. Die Verteilung von Informationen erzeugt nahezu keine Kosten.
Plattformhersteller nutzen Netzwerkeffekte und Ökosysteme. Je mehr Vermieter z.B. an AirBnB teilnehmen, desto mehr Nutzen hat der Dienst für die Mieter, da viele Angebote verglichen werden können. Je mehr potentielle Mieter an AirBnB teilnehmen, desto mehr Nutzen hat der Dienst für Vermieter, da die Vermieter ihr Angebot an viele mögliche Kunden bringen. Es entsteht ein nahezu optimaler Markt.
Oft ergeben sich aus der Zentralisierung und Digitalisierung durch Plattformen noch weitere Vorteile:
- Daten aus der Plattform haben einen hohen Wert, da sie Aussagen über einen ganzen Markt von Lieferanten und Kunden beinhalten.
- Prozesse werden standardisiert und vereinfacht. Das Anbieten und Anmieten einer Wohnung ist über AirBnB immer gleich.
- Da der Fokus rein auf der Plattform liegt, ist die Benutzbarkeit und Attraktivität oft weit besser als der von vergleichbaren Anbietern in derselben Branche, die traditionell arbeiten.
Falls du mehr über Plattform-Geschäftsmodelle wissen möchtest:
- Der Bitkom-Verband hat einen guten Artikel über digitale Plattformen hier veröffentlicht.
- Wikipedia beschreibt das Grundprinzip im Artikel “Two-sided market” (auf Englisch).
- Eine ausführliche Beschreibung findet sich im Buch “Modern Monopolies” von Moazed und Johnson (auf Englisch).
- Plattformen sind unzweifelhaft das skalierbarste Geschäftsmodell. Schau doch mal in den Artikel über “Einhörner in der IT”.
Ein paar Fragen an dich:
- Untersuche einige dir bekannte Internet-Dienstleistungen oder Apps und überprüfe sie auf Plattform-Aspekte. Beispiele: Ist Google Play oder der Apple App Store eine Plattform? Sind Android bzw. iOS eine Plattform? Ist Netflix eine Plattform?
- Welche Netzwerkeffekte gibt es in deiner Branche? Welche Netzwerkeffekte lassen sich innerhalb deiner Organisation ausnutzen?
- Würde sich dein Unternehmen bzw. deine Organisation in eine Plattform und in einen spezifischen Teil aufteilen lassen? Was wäre dafür notwendig? Welches Geschäftsmodell wäre geeignet?
- Wie kann man ein Ökosystem aus Plattform-Teilnehmern aufbauen? Was wäre notwendig, damit die Teilnahme attraktiv ist und sich ein Netzwerkeffekt einstellt?
- Zieh die Datenbrille an: Wenn du dir beliebige Daten und Informationen wünschen könntest, die für deine Branche wichtig sind, welche wären das? Was könntest du aus den Daten rausholen? Falls die Daten so nicht messbar oder die Informationen so nicht erfassbar sind, gibt es eventuell ähnliche Daten mit ähnlicher Aussagekraft?
Zum Abschluß ein paar “Lösungshinweise”:
- Das Wort “Plattform” wird oft in einem anderen Zusammenhang verwendet, als “Technologie-Plattform”. Technologie-Plattformen bieten anderen eine Infrastruktur, um digitale Lösungen zu implementieren. Beispielsweise sind Android oder Amazon Web Services Technologie-Plattformen. Damit ist aber nicht zwingend ein Plattform-Geschäftsmodell verbunden.
- Netflix kauft Content ein und produziert Content. Es ist daher durchaus diskutierbar, ob Netflix wirklich ein Plattform-Geschäftsmodell hat.